Sonntag, 8. August 2021

Trockenfutter der Alleskönner!

 Trockenfutter kann alles und hilft auch gegen alles - das zumindest wird suggeriert, wenn man durch die Tierfuttermärkte schlendert. Es gibt Trockenfutter extra für bestimmte Rassekatzen, für hyperaktive Tiere, sterilisierte Tiere und es wird unterschieden in indoor- und outdoor-Katzen. Man erhält also den Eindruck, dass für jedes individuelle Bedürfnis, das jeweilige Trockenfutter helfen würde. Hat man nun eine hyperaktive, kastrierte indoor-Katze der Rasse Britisch Kurzhaar, müsste man also 4 verschiedene Trockenfutter mixen um den Effekt zu erhalten, den jede Sorte suggeriert? 

Die Basics 

Unsere Stubentiger sind obligate Karnivoren. Das bedeutet, dass Katzen reine Fleischfresser sind. Zudem verzehren Katzen ihr Beutetier mit Haut und Haar. Zu den Beutetieren zählen kleine Nager und kleinere Vögel. Auf dem Speiseplan und dem täglichen to-do von Freigängern und freilebenden Katzen steht weder die Ernte eines gesamten Weizenfeldes, noch der Flug zum Ursprung von Reis zur Reisernte. Der gesamte Verdauungstrakt - angefangen in der Maulhöhle, bis hin zum Enddarm - ist für die Verdauung von Fleisch ausgerichtet. Die Katze hat keinen physiologischen Bedarf an pflanzlichen Stoffen und nutzt diese ausschließlich zur Anregung der Darmmotorik. Durch den Verzehr von ganzen Beutetieren, decken unsere Stubentiger ihren Wasserbedarf ausschließlich über das Futter.


Was haben die Basics mit Trockenfutter zu tun?

Das ist eine berechtigte Frage. Als Gegenfrage würde ich fragen, wie viel Fleisch denn im Trockenfutter enthalten ist und wie niedrig der Wasserbedarf deiner Katze ist, dass sie diesen ausschließlich über das Trockenfutter decken kann? 

Schauen wir uns doch einmal einen Auszug einer Deklaration von einem Trockenfutter an.


"30 % frisches Hühnchenfleisch, 28 % Hühnchenfleisch (getrocknet), Kartoffeln, 5 % Hühnerfett, 2 % Ei (getrocknet), 1,5 % frischer, grätenfreier Hering, 1,5 % Hering (getrocknet), 1 % Fischöl (100 % Heringsöl), 1 % hydrolysierte tierische Proteine, Erbsenfasern, Möhren (getrocknet)...."

Schaut man sich diese Deklaration an, so liest man "frisches Hühnchenfleisch". Dieses frische Hühnchenfleisch wurde jedoch im rohen Zustand gewogen, als es noch frisch war. Damit wurde es an die erste Stelle der Deklaration gesetzt. Nach der Verarbeitung bleibt nur "trockenes, nicht frisches" Hühnchenfleischmehl übrig, sodass dieses naturgemäß einen anderen prozentualen Anteil hat, als es so in der Deklaration steht. Weiterhin sind "hydrolysierte tierische Proteine" enthalten. Das sind Eiweißextrakte überwiegend tierischen Ursprungs, die durch aufwendige chemische Verfahren (oder auch durch Bearbeitung mit Bakterien) so verändert und aufgeschlüsselt werden, dass der kätzische Körper diese Strukturen dann meist nicht mehr als Proteine wahrnimmt. Grundsätzlich decken die meisten Trockenfutter rein rechnerisch den Bedarf an Nährstoffen von unseren Stubentigern. Wie kann das funktionieren? Den meisten Trockenfuttern werden pflanzliche Proteine zugesetzt - dazu zählen zum Beispiel getrocknete Erbsen. Den Proteingehalt im Futter kann man anhand der Rohanalysedaten, in diesem Fall dem Rohprotein beurteilen. Wenn jedoch pflanzliche Produkte enthalten sind, zählen auch diese in die Rohanalysedaten rein, sodass man anhand dessen nicht beurteilen kann, ob das Futter genug tierisches Protein enthält, was die Katze verstoffwechseln kann. 

Unsere Stubentiger sind als obligater Karnivore nicht in der Lage pflanzliche Proteine so zu verdauen, dass sie daraus genug Nährstoffe und Energie ziehen kann. 

Trockenfutter wird doch aber zur Zahnreinigung empfohlen?

Es gibt natürlich, wie bereits eingangs beschrieben, für jeglichen Verwendungszweck spezielle Trockenfuttermittel. Und so hält sich auch der Mythos seit Jahren, dass Trockenfutter mega gut für die Zähne ist und optimal zur Zahnreinigung verwendet werden kann. Schaut man sich das Gebiss unserer Stubentiger genauer an, stellt man schnell fest, dass das gar nicht stimmen kann. Die kleinen Trockenfutterpellets werden höchstens ein- zweimal geknackt. Dies reicht bei weitem nicht aus, um den Zahn zu reinigen. Wer jetzt auf die Idee kommt, Trockenfutter mit größeren Pellets zu kaufen, der wird leider auch enttäuscht sein. Bereits mit Aufnahme, legt Trockenfutter einen Film auf die Zähne. Wer jetzt denkt, dass dieser die Zähne schützt, liegt genauso falsch in seiner Annahme, wie diejenigen, die Trockenfutter aus dem Grund der Zahnreinigung füttern.

Der Film besteht, aufgrund des hohen Stärkeanteils im Futter, nicht aus guten Bakterien oder Zahnsteinzerstörenden Inhaltsstoffen. Im Gegenteil: Dieser schmierige Film bildet einen optimalen Nährboden für Keime und Bakterien, die die Zähne noch anfälliger machen. Kommt der Film mit Speichel in Kontakt, kann dieser aushärten und erst recht zu übermäßigem Zahnstein führen. 

Wenn euch euer Zahnarzt vorschlägt, die Zahnbürste bei Seite zu legen und euch das Putzen der Zähne mit kleinen Keksen empfiehlt, würdet ihr dies tun? Weder Kekse noch kleine Pellets sind in der Lage einen Abrieb zu schaffen, ohne einen Film über die Zahnstruktur zu legen, welcher ein optimaler Nährboden für Keime und Bakterien bildet. Und das sowohl beim Menschen, als auch bei unseren Katzen. 

Ist Trockenfutter der Tod auf Raten?


Wenn man die Sache sehr hinterfragt und sehr genau betrachtet, kann man zu dieser Frage ein "ja" als Antwort geben. Trockenfutterverfechter würden jetzt aber mit "nein" antworten und das Argument hervorbringen "meine Katzen wurden schon immer mit Trockenfutter gefüttert und wurden 20 Jahre alt". Natürlich können artwidrig gefütterte Tiere sehr alt werden, genauso wie Kettenraucher auch ein hohes Alter erlangen können. Gesund ist rauchen dennoch nicht. Jeder Körper trägt seine individuelle Toleranzgrenze, genauso wie genetische Veranlagungen eine Rolle spielen. Ein Stubentiger mit einer genetischen Veranlagung von Nierenschwäche oder Anfälligkeit für Blasenerkrankungen wird viel eher die Auswirkung spüren, als ein Tier ohne genetische Disposition. Es kann jedoch sein, dass das Tier ohne genetische Disposition eine niedrigere Toleranzgrenze hat und viel eher Auswirkungen von falscher Ernährung spürt als ein Tier mit genetischer Veranlagung. Allerdings muss man gewisse Krankheiten nicht  provozieren und von vornherein bemüht sein, sein Tier so artgerecht wie möglich zu ernähren. 

Die falsche Fütterung der Stubentiger kann viele Erkrankungen nach sich ziehen. Angefangen von Verdauungsstörungen und Schädigungen der Zähne, bis hin zur Schädigung von Stoffwechselorganen oder Verhaltensauffälligkeiten. Wenn ich das Risiko für eine Erkrankung meiner Tiere senken kann, dann versuche ich es um jeden Preis.

Wie eingangs erwähnt, deckt die Katze ihren Flüssigkeitsbedarf über ihre Nahrung. Trockenfutter ist trocken und hat einen sehr geringen Feuchtigkeitsgehalt. Die Katze muss zwingend, entgegen ihrer natürlichen Bestimmung und entgegen ihres natürlichen Verhaltens, extra Wasser aufnehmen. Katzen trinken normalerweise super selten bis gar nicht. Das Argument "meine Tiere trinken trotz der Fütterung mit Trockenfutter genug" ist also ein Widerspruch in sich. Zum Einen kann die Katze niemals so viel Feuchtigkeit aufnehmen wie sie müsste, wenn Trockenfutter gefüttert wird und zum Anderen, würde sie freiwillig nicht so viel trinken. Ihr könnt gern ausprobieren, wie viel eure Katze trinken muss, um das Trockenfutter zu kompensieren. Gebt die Portion an Trockenfutter eures Stubentigers in eine Schüssel und gießt Wasser darauf. Viel Wasser...sehr viel Wasser, bis es schön aufgequollen ist. So viel trinkt keine Katze über den Tag und die Nacht verteilt und wenn sie es tun würde, wäre das alles andere als gesund.

Kann man Trockenfutter denn nun empfehlen?

Meiner Meinung nach auf gar keinen Fall. Bei uns daheim gibt es gar kein Trockenfutter- nicht einmal als Leckerli. Ihr fragt euch nun, wie die Zähne der Drei gereinigt werden? Wir haben Kausnacks (bspw: Kaninchenohren) daheim und füttern einmal die Woche eine kleine Portion rohes Fleisch zusätzlich zum normalen Nassfutter. Dies dient nicht nur dazu, die Drei an rohes Fleisch zu gewöhnen, da sie irgendwann gebarft werden, sondern auch zur Zahnreinigung. Wer jetzt denkt, dass ich Rindergulaschsstücke vom Metzger kleinschneide hat sich geirrt. Die Jungs müssen ja auch etwas zu tun haben und ordentlich kauen, sonst bringt auch diese Zahnreinigung nichts. Zur Portion rohes Fleisch gehören auch rohe Hühnerhälse und Hühnerherzen. Es gibt allerdings auch gute Kauartikel, die nicht roh sind, zu kaufen. Wir nutzen meist ganze Kaninchenohren oder Kaustangen aus Entenfleisch. Schaut dort einfach mal im Hundebereich eures Tierfuttermaktes des Vertrauens vorbei. Achtet aber auch hier bitte auf die Zusammensetzung. 


Die Fütterung mit Trockenfutter kann rein rechnerisch den Bedarf an Nährstoffen der Stubentiger decken. Unserer Meinung nach, wurde Trockenfutter nicht dafür geschaffen die bestmögliche Nährstoffquelle zu sein, sondern als Bequemlichkeit für den Katzenhalter. Trockenfutter hält sich aufgrund der Konservierungsstoffe natürlich sehr lang, zieht keine Fliegen im Napf an und riecht auch nicht so intensiv wie Nassfutter. Die Fütterung mit Trockenfutter ist nicht sehr zeitintensiv, praktisch und auch für längere Abwesenheiten geeignet. Die Vorteile an Trockenfutter für den Menschen/Katzenhalter/ verantwortlichen Besitzer des Tiere- überwiegen jedoch im Vergleich zu den Vorteilen für die Tiere. Es fällt mir nicht ein Vorteil zur Trockenfutterfütterung aus Sicht der Katze ein. Mittlerweile gibt es sogar Futterautomaten die Nassfutter kühl halten und nur zu einer bestimmten Uhrzeit die Luke öffnen, sodass der zeitliche Faktor de facto kein Argument sein kann.

Kurz und knapp was unserer Meinung nach gegen die Verfütterung von Trockenfutter spricht:

1. die Katze ist ein obligater Karnivore = reiner Fleischfresser

2. Trockenfutter enthält Fleischmehle und viele pflanzliche Inhaltsstoffe, mit denen die Katze nichts anfangen kann

3. Darüber hinaus wissen wir, dass Katzen ihre Energie aus Proteinen und Fetten zieht und nicht aus Kohlenhydraten. Trockenfutter sind Kohlenhydrat-Bomben.

4. Katzen decken ihren Wasserbedarf über die Nahrung. Trockenfutter enthält zu wenig Flüssigkeit, sodass die Katze entgegen ihres natürlichen Verhaltens Wasser aufnehmen muss

5. Trockenfutter birgt die Gefahr von Futtermilben. Klingt nicht nur eklig, ist es auch. Diese lassen sich auch nicht mit dem Froster abtöten, sondern wandern inklusive ihres Kotes in den Napf eurer Stubentiger. Dies birgt das Risiko einer Allergie. 

6. zur Zahnreinigung ist Trockenfutter ungeeignet

7. die Gesundheit unserer Stubentiger liegt uns sehr am Herzen, sodass wir jegliche Risiken für eine Erkrankung durch gezielte Maßnahmen vermeiden möchten und dies tun, wenn es in unserer Macht liegt. 

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